Ruhig und weiß lag die Landschaft unter einem sternenklaren nachtblauen Himmel. Auf den Feldern glitzerte der kalte Schnee bläulich im schwachen Licht der funkelnden Sterne. Schon bildete sich langsam der morgendliche Frost auf den Zweigen der Bäume. Die Dämmerung hatte gerade begonnen.
*Ping* Machte es und mitten auf der schneebedeckten Wiese nahe des Waldes blitzte über dem Schnee ein kleines Licht auf, als ob ein Stern funkelte und eine kleine fliegende Gestalt erschien in diesen frostigen Morgen. Sie schwebte eine Weile in der Luft und versuchte sich zu orientieren, dabei flatterte ihr schneeweißes Kleidchen in dem kalten Wind und ihre kleinen Flügelchen sahen aus, als ob sich schon der erste Raureif darauf gebildet hatte. Kleine weiße Kristalle umrandeten glitzernd ihre Flügel und funkelten ebenso wie der Schnee im Zwielicht der Sterne.
„Ahhh.“ Entfuhr es der kleinen Gestalt. “Wundervoll kalt ist es hier und so schön weiß. Das wird ein Spaß!“
Mit einem ‚Wusch’ stob es davon und flog schnell wie der Wind über das Feld am Waldrand entlang. Doch nicht nur geradeaus flog sie, nein, sie schien beim Fliegen auf und ab zu hüpfen und schlug kleine Purzelbäume in der Luft, umrundete kleine Zweige in einem Looping und stupste manchmal auf einen Zweig , damit der darauf liegende Schnee mit einem kleinen Schubs auf den Boden fiel. Wenn man genau hinhörte, konnte man hören, wie sie öfters fröhlich jauchzte, wenn ihr etwas besonders gut gelungen war. Lange flog sie über Wiesen und Felder, durch Wälder und über zugefrorene Seen.
Sie war gerade einem Baum von der Wurzel bis zur Spitze hoch geflogen und hatte ihn dabei wie eine Spirale immer wieder umrundet, als sie eine Bewegung im Augenwinkel wahrnahm. Sofort hielt sie an und versteckte sich im Geäst hinter einem dicken ausladenden Ast.
Unten auf dem Boden sah sie eine kleine Gruppe dick eingepackter Menschen durch den Schnee stapfen. Ihr Atem machte kleine weiße Wölkchen, die sie vor sich hertrieben. In der Hand des einen blitzte etwas auf. Es schien schwer zu sein.
Die kleine Gestalt folgte neugierig den Menschen ein kleines Stück weiter und beobachtet, wie sie vor einer Tanne halt machten. Sie nickten sich alle zu und dann hob einer das schwere Ding und wollte unten am Stamm zuschlagen als er auf einmal inne hielt. Etwas hielt ihn zurück und er konnte seine Arme mit dem schweren Ding nicht nach unten fallen lassen. Das sah komisch aus, denn der Mensch stand da und ruckelte mit den Armen leicht vor und zurück, ohne dass etwas zu sehen war. Die anderen lachten leise und machten sich über ihn lustig. Doch es half nichts. Erst als er seine Arme seitlich sinken ließ, konnte er sie bewegen.
Die kleine Gestalt flog näher heran, während die Menschen etwas tiefer in den Wald gingen um dort erstmal ein Weilchen zu lagern. Sie hatten sich etwas zu essen und etwas Dampfendes zu trinken mitgebracht und beratschlagten, was nun zu tun sei. An der Tanne angekommen sah sie einen kleinen Erdgnom brummelnd um die Tanne stapfen. „Banausen,.. .. gar nicht,... verdient,.. Natur ehren... jawohl,... !“ Er hatte sie gar nicht kommen sehen bis sie direkt vor ihm auf und ab flatterte.
„Hallo, geht’s Dir gut?“
Erschrocken stoppte der Gnom seinen Rundgang um die Tanne und besah sich das fliegende Lichtlein vor sich.
„Ja, mir geht’s noch ganz gut, aber wenn die Menschen wieder kommen und es noch mal versuchen, geht es mir vielleicht nicht mehr gut. Wer bist Du denn?“ brummelte er in sie an.
„Ich bin eine Eisfee und heiße Flocke. Und wer bist du?“ Sie betrachtet neugierig sein faltiges Gesicht, dass er grummelig in noch mehr Falten gelegt hatte.
„Ich bin ein Erdgnom und bewohne und pflege diese Tanne hier. Mein Name ist Gomm.“ Damit stapfte er weiter um die Tanne und untersuchte hingebungsvoll jedes Stückchen des Stammes.
Flocke schaute ihm hinterher und wartete bis er wieder bei ihr war. „Warum wollen die Menschen denn Deine Tanne hauen?“
Gomm kam wieder vor ihr zum stehen. „Ich hab das die letzten Winter schon beobachtet. Immer um diese Zeit kommen Menschen in den Wald und nehmen Tannen mit. Viele von ihnen hauen die Tannen unten am Stamm durch, aber manche graben sie auch ganz aus. Diese ausgegrabenen Tannen kommen manchmal nach einiger Zeit wieder und werden wieder ein gepflanzt. Nicht weit von hier steht so eine Tanne, der Gnom aus der Tanne hat mir erzählt, die Menschen stellen die Tannen in ihre Behausungen auf und schmücken sie mit glitzernden Kram. Sie singen viel und sind lustig. Nach einer Weile nehmen sie das Glitzerzeug wieder ab und bringen die Tanne wieder in Wald. Ihm geht es ganz gut jetzt, aber seine Tanne wollen sie ja auch nicht haben.“ Brummelte er wieder vor sich hin. Doch diesmal blieb er stehen und schaute sich Flocke genauer an. Sie hatte bei seinen Beschreibungen große Augen bekommen.
„Glitzerkram ? Ist das vielleicht Eis?“ wollte sie neugierig wissen. „Willst Du gar nicht wissen, was da bei den Menschen passiert?“
„Nein. Will ich nicht. Ich mag meinen Wald, was soll ich da bei den Menschen.“ Murrte er vor sich hin.
Flocke machte einen kleinen Looping ehe sie wieder vor ihm schwebte. „Na gut, ich helf dir.“
„Na dann kann ja nichts mehr passieren.“ Grummelte Gomm vor sich hin.
Es dauerte nur ein Weilchen bis die Menschen wieder zurückkamen. Dieses Mal hatten sie noch etwas anderes in der Hand. Einer der Männer hielt einen langen Stiel mit einer Schaufel daran.
Flocke schaute Gomm an. „Wie es aussieht, wollen sie jetzt Deine Tanne doch ausgraben. Das ist doch spannend. Lass uns gucken, was die Menschen sonderliches machen mit den Tannen.“ Sie umflog Gomms Kopf und zupfte ihm übermütig am Ohr.
„Nein. Ich will hier bleiben.“
„Ach komm, das wird bestimmt lustig. Und sie bringen die Tanne doch zurück. Ich würde es so gern sehen.“
„Mmmhmm, lässt Du mich dann in Ruhe?“ Seine Augen folgten ihrem auf und ab Flug vor seinem Gesicht und ihm wurde schon ganz schummerig. Flocke nickte.
„Wehe sie bringen die Tanne nicht wieder zurück! Dann musst Du dafür sorgen, dass sie es tun.“ Murrte er sie an.
„Ja, mach ich. Du wirst sehen, das wird ein Spaß.“ Sie grinste über beide Ohren und beobachtete gespannt die Männer, die nun bei der Tanne waren.
Mit einem brummigen Gesicht schaute Gomm den Männern zu, wie sie um seine Tanne herum sorgfältig den Schnee beiseite schoben und anfingen nahe der Wurzel zu graben. Anfangs ging es recht schwer, denn der Boden war noch etwas gefroren, doch dann wurde es leichter und schnell war die Wurzel nur noch von lockerem Erdreich umgeben. Als die Männer an der Tanne leicht rüttelten, und sie sich langsam hob, verschwand Gomm mit einem schicksalsergebenem Gesicht in seine Tanne und ließ Flocke allein zurück.
Flocke konnte beobachten, wie die Männer die Wurzel mit einem großen Sack einpackten wo auch genug Erde rein passte und sich dann zufrieden auf den Weg machten.
Sie folgte ihnen im sicheren Abstand. Zwar konnten sie sie nicht sehen, aber sicher war sicher.
Die Menschen stapften aus dem Wald hinaus zu einem Schlitten, auf dem schon mehrere Tannen lagen und nun kam auch Gomms dazu. Über dicht verschneite Felder und Wiesen ging es zurück in ein kleines Dorf, wie Flocke jetzt sehen konnte. An dem ersten Haus, zu dem sie kamen, hielten sie an und stellten Gomms Baum für einen Augenblick an die Wand, bevor ein Mann sich von der Gruppe trennte und den Baum mit ins Haus nahm.
Flocke überlegte kurz, ob sie ihm folgen sollte, entschied sich aber dagegen. Aus der Tür kam ihr ein Schwall furchtbar warmer Luft entgegen und das gefiel ihr gar nicht. Also flog sie um dieses Haus herum und linste vorsichtig durch die Fenster, um zu sehen, wo sie Gomms Baum hingeschafft hatten. Am dritten Fenster hatte sie endlich Glück, sie flog gerade um die Ecke als sie sah, wie der große Mensch Gomms Baum in einen großen Raum in Ecke stellte. Erschrocken schnellte sie wieder zurück an den Fensterrahmen und versteckte sich in dessen Schatten. Einen Moment verharrte sie kurz, dann schalt sie sich selbst. ‚Herrje’ wann würde sie es lernen, dass die großen Menschen sie nicht sehen konnten?
Sich selbst Mut zusprechend flog sie weiter heran und lehnte sich mit den kleinen Ärmchen auf den Fensterrahmen, sodass sie mit dem Kopf noch durch das Fenster blicken konnte.
Drinnen war der große Mensch damit beschäftigt allerlei glitzerndes Gebammsel in Gomms Baum zu hängen. Einen kleinen Stern, eine kleine Trompete, kleine silberne Kugeln und Glöckchen und sogar ein langes Band mit leuchtenden kleinen Lichtern, die wie Sterne aussahen, hängte er in den Baum. Ganz zum Schluss nahm er lange Bänder aus silbernen Glitzer und hängte sie ganz vorne über die Zweige, so dass sie von den leuchtenden Sternen angestrahlt wurden und in dem Licht funkelten bei jeder Bewegung.
Flocke’s Augen wurden immer größer und nicht selten entfuhr ihr ein leises ‚Ahh’ oder ‚Ohh’, wenn sie wieder etwas Neues sah, was in den Baum kam. Wie schön das war, doch sie fragte sich, ob das wirklich Eis sein konnte. Sie hatte doch die furchtbare warme Luft gespürt, die durch die Tür gekommen war. Wie sollte sich da Eis in dem Baum halten können? Das konnte kein Eis sein. Nun ja, auch wenn es kein Eis war, sie hatte Gomm versprochen ihm zu helfen und das andere Glitzerzeug war ja auch ganz interessant.
Eine Bewegung im Augenwinkel erregte ihre Aufmerksamkeit. Als sie sich ein Stückchen umdrehte, sah sie drinnen auf der Fensterbank eine putzige Blume stehen. Ihre Blätter waren unten ganz dunkelgrün und oben feuerrot. Sie sahen aus wie große rote Blüten, aber sie hatten die gleiche Form wie die Blätter unten. Als Flocke genauer hinsah, sah sie unter den Blättern eine kleine Blumenfee sitzen und die letzten Strahlen der Wintersonne genießen. Als diese Blumenfee Flocke sah, lächelte sie sie vergnügt an und verschwand dann gähnend in dieser putzigen Blume.
Verdutzt blieb Flocke zurück und brauchte eine kleine Weile sich wieder zu fangen. Eine wache Blumenfee, mitten im Winter, wie konnte das nur sein. Aber schien es zu geben und sie schien ganz vergnügt zu sein. Hm, naja, das musste bis später warten. Flocke sah wieder durch das Fenster und beobachtete, wie der große Mensch einen ganz großen silbernen Stern ganz oben auf die Spitze der Tanne steckte. Er leuchtete auch in den vielen Lichtern und sah fast wie ein echter Stern aus, fand Flocke. Sie seufzte leise. Der Baum sah ja soo schön aus, am liebsten würde sie ihn mal von nahem betrachten, nur wie durch das Zimmer kommen, und da war ja auch noch diese Wärme da drinnen.
Flocke setzte sich an den Rand der Fensterbank und schaute nachdenklich zu, wie die Sonne wieder langsam den Horizont rot färbte und in diesem roten glitzernden Schneemeer versank.
Es wurde dunkel und Flocke saß immer noch da und schaute der Sonne hinterher, die schon längst verschwunden war. Sie seufzte noch einmal leise und schwebte dann wieder etwas hoch. Es würde sich bestimmt schon eine Gelegenheit ergeben, da war sie zuversichtlich. Wieder flog sie zu der Fensterscheibe und drückte sich ihre kleine Nase daran platt.
Drinnen waren 2 große Menschen und 2 kleine zu sehen. Die kleinen waren ganz aufgeregt und hüpften hin und her und schauten sich immer wieder den geschmückten Baum mit großen Augen an. Als sie was gegessen hatten, machten sie das Licht aus und gingen aus dem Raum. Im ganzen Haus wurde es dunkel und nur Flocke saß noch vor dem Fenster und wartete.
Sie hatten noch gar nicht gesungen. Also musste da doch noch was passieren. Aber es passierte nichts. Es blieb ruhig.
Nach einer kleinen Weile konnte sie eine Bewegung unter dem Baum sehen. Eine kleine dicke Nase schob sich unter den Zweigen hervor und zwei kleine grummelig dreinschauende Augen folgten ihr. Flocke lächelt. Gomm hätte sie fast vergessen. Er könnte sie bestimmt herein lassen. Sie sah wie Gomm sich erst vorsichtig umschaute und sich dann seinen Baum besah. Brummelig schlug er die Hände über den Kopf zusammen und schüttelte unwirsch den Kopf. Flocke kicherte draußen leise vor sich hin, als sie das sah. Dann flog sie dicht an das Fenster und klopfte leise gegen die Scheibe. Erst beim zweiten Mal hörte Gomm sie und kam brummend zu ihr. Flocke schaute ihn auffordernd an. „Du musst das Fenster auf machen.“
„Wie soll das denn gehen? Ich kenn mich damit nicht aus.“
„Oh nein! Wie soll ich denn dann zu Dir herein kommen?“
„Ich weiß nicht, aber es ist furchtbar warm hier drin. Wenn ich wieder raus komme, werd ich mir einen Schnupfen holen, nur wegen Dir.“ Murrte Gomm.
„Ach was. Das wird schon nicht so schlimm werden, aber ich möchte gern rein zu Dir. Was machen wir denn nun?“
„Ich kenn mich mit Menschenkram nicht aus. Da musst Du dir was anderes einfallen lassen.“
Gomm schaute Flocke an und wunderte sich, dass sie nicht mehr aufgeregt hin und her flog und einen Eingang suchte. Urplötzlich hatte sie auf einmal inne gehalten und starrte auf einen Punkt hinter ihm. Ihr Kopf lag ein wenig schief und sie verharrte still, nur ihre Flügel bewegten sich und hielten sie auf einer Stelle. Gomm hatte eine böse Vorahnung und drehte sich ganz langsam um. Und ja, da war sie, die böse Vorahnung.
An der geschlossenen Tür stand das kleine Mädchen aus der Familie und starrte sie beide völlig überrascht an. Gomm war klar, dass das Menschenkind sie beide wirklich ansah, er hatte schon mal das Gerücht gehört, dass die kleinen Menschen so was wie ihn manchmal sehen konnten. Oh nein, was machten sie jetzt nur? Na ja, es half ja nichts.
Gomm räusperte sich leise. „Öhm, hallo, ich heiße Gomm und wohn in der Tanne. Wie heißt Du?“
Das Mädchen schüttelte sich ganz leicht und nahm ihren Blick von dem Fenster. Sie schaute Gomm neugierig an und antwortete leise. „Ich heiße Lisa.“ Langsam kam sie auf ihn zu.
„Du wohnst in der Tanne?“
„Ja, es ist meine Tanne, die der große Mensch aus dem Wald geholt hat. Zum Glück mit den Wurzeln. Ich hoffe doch sehr, dass sie wieder eingepflanzt wird.“
Lisa nickte leicht. „Mein Vater bringt die Tanne ganz bestimmt wieder in den Wald. Das hat er vorhin gesagt.“
Sie schaute zum Fenster. „Ist das Deine Freundin? Sie möchte bestimmt rein.“
Gomm schüttelte energisch den Kopf. „Nein, sie ist nicht meine Freundin, ich kenn sie nur flüchtig. Aber ja, sie möchte gern rein. Sie hat mir das alles überhaupt eingebrockt.“
Lisa war schon bei seinen Worten zum Fenster gegangen und öffnete es erst einen Spalt und dann etwas weiter, so dass ein Schwall kalte Luft ins Zimmer strömte.
*Wusch* Flocke stobt ins Zimmer, flog eine kleine Runde um den Baum und blieb dann vor einem kleinen glitzernden Anhänger neugierig in der Luft stehen.
„Ooch, die sind ja wirklich nicht aus Eis.“ Enttäuscht wandte sie sich zu Lisa um.
„Ich heiße Flocke und bin eine Eisfee. Wer bist denn Du?“
„Ich bin Lisa.“ Neugierig betrachtete Lisa nun die Eisfee vom nahen. „Hast Du noch nie einen geschmückten Tannebaum gesehen? Da können wir kein Eis drauf machen, auch wenn das bestimmt hübsch aussehen würde. Aber das würde doch schmelzen. Es ist doch viel zu warm hier drinnen für Eis.“ Erwiderte Lisa lächelnd.
„Nein, so was hab ich noch nie gesehen. Aber es ist auch sehr schön, wie der Baum jetzt aussieht.“
Sie unterhielten sich noch eine Weile und Flocke ließ sich von Lisa einiges von dem schönen Baumschmuck zeigen, während Gomm grummelnd daneben saß und ein mürrisches Gesicht zog. Nach der anfänglichen Schüchternheit taute Lisa schnell auf und man konnte spüren, dass sie die Zeit genoss.
Die ganze Zeit war das Fenster weit offen und oft brachte eine Windböe frische kalte Luft in den Raum, trotzdem ließ Flocke irgendwann die Flügel hängen und verlor ein wenig an Höhe wenn sie flog. Erschrocken schaute sie auf und bemerkte erst jetzt, dass es für sie immer noch zu warm war in dem Zimmer. Sie sank mit einem traurigen Blick langsam auf den Boden.
„Ich glaub, ich muss wieder raus in den Schnee. Kannst Du mich bitte auf das Fensterbrett setzten Lisa?“
Lisa nickte und hielt Flocke ihre offene Hand hin, damit sie darauf steigen konnte, dann hob sie sie hoch und setzte sie auf die Fensterbank soweit nach draußen wie sie es mit ihren Kinderärmchen hinbekam. Vorsichtig kletterte Flocke von der Hand und setzte sich auf den Fensterrahmen, so dass ihre Flügel sich draußen in der kalten Luft erholen konnten.
Gomm schaute die beiden mürrisch an. „Es ist schon ziemlich spät. Lisa sollte längst im Bett sein und ich muss mir überlegen, wie ich an etwas zu essen komme. Und du...“ er schaut zu Flocke. „solltest lieber draußen wieder rum fliegen. Eingebrockt hast Du mir ja schon genug.“
Lisa schaute traurig zu Flocke.
„Ja, wenn es Dir hier zu warm ist, musst Du wirklich lieber draußen sein. Schade.“ Seufzte sie.
Flocke seufzte leise. „Es ist wirklich ein schöner Baum so wie ihr ihn hübsch gemacht habt.“ Dann schien ihr was einzufallen. „Warum bist Du überhaupt wieder aufgestanden, du solltest doch bestimmt schon schlafen, oder?“
Lisa druckste etwas herum.
„Ja, .. na ja,... eigentlich sollte ich schlafen, das stimmt, aber ich wollte doch so gern sehen, wer die Geschenke bringt in dieser Nacht, die am nächsten morgen immer darunter liegen. Aber nun hab ich ja Euch gefunden. Das ist viel interessanter.“
„Ich habe noch niemanden gesehen, der Geschenke bringt.“ Meinte Flocke, aber ein geheimnisvolles Lächeln umspielte ihren kleinen Mund.
„Aber nun solltest Du wirklich ins Bett, vielleicht könntest Du für Gomm noch etwas zu essen besorgen vorher, damit er nicht durch das Fenster klettern muss und alles kaputt macht.“
Entrüstet fuhr Gomm hoch. „Kapuuuttt ? Iichh ? Also, ... ne... also...wo du...und überhaupt...“
Lisa und Flocke grinsten und Lisa nickte.
„Ja, ich kann ihm jeden Abend noch schnell was aus der Küche holen und vor die Tanne stellen, dann muss er nicht raus.“
Gomm beruhigte sich ein wenig und grummelte ein leises ‚Danke’ in den Kragen seiner Jacke.
„Warte eben.“ Schnell lief Lisa einen Raum weiter und kam wenige Augenblicke später mit einem großen Teller voll Kekse und Äpfel und einem Glas Milch wieder.
„Ich hoffe, das reicht erstmal.“ Sie balancierte den Teller neben der Tanne auf einen kleinen Tisch. Plötzlich gähnte sie ausgiebig und schaute die beiden bekümmert an. „Aber ich glaub, ich muss wirklich ins Bett. Sehe ich Euch denn morgen wieder?“ erwartungsvoll betrachtete sie Gomm und Flocke.
Gomm brummelte schon nicht mehr so stark und nickt. „Ja, ich muss mir ja mein Essen abholen.“ Fast war es so als ob ein flüchtiges Lächeln über sein Gesicht huschte.
„Ich weiß nicht ob ich jeden Abend da sein kann, aber ich werde bestimmt wieder kommen und vielleicht sehen wir uns ja auch tagsüber mal draußen, wenn es kalt genug ist.“
Mit einem Sprung flog Flocke wieder in die Luft, zischte noch einmal um den Baum und machte kleine Spiralen bis zur Spitze, tippte mit ihrem kleinen Fuß den großen Stern einmal an und stob dann lachend zum Fenster hinaus.
„Wir sehen uns wieder,...“ damit war sie aus dem Fenster und schon bald als leuchtender Punkt über den Wiesen verschwunden.
Lisa sagte Gomm ‚Gute Nacht’ machte das Fenster zu und ging dann wieder leise aus dem Zimmer.
Für eine Weile genoss Gomm die leckeren Kekse und trank das Glas Milch ganz aus, dann verschwand er wieder in seiner Tanne. Kurz vor Morgengrauen kam er noch mal heraus und legte etwas kleines Braunes zu den anderen Geschenken, die dort mittlerweile lagen und lächelte versonnen.
Als Lisa am nächsten Morgen wieder in das Zimmer kam, fand sie hübsch eingepackte Geschenke unter dem Baum und wieder fragte sie sich, wie die da hin gekommen waren und wer sie gebracht hatte. Doch sie fand auch eine kleine Figur aus Holz, die Flocke sehr ähnlich sah....